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Wenn die Familie am Limit ist – Sind IHM die Kinder wichtiger als ICH?

Clara, 50a, selbst schon Mutter, lebt nach ihrer Scheidung mit einem jüngeren Mann zusammen, der sich ebenfalls in einer Scheidungssituation befindet und derzeit um seine Kinder kämpft. Deshalb priorisiert er die Kinder, was die Beziehung beeinträchtigt.

Betreff: Familienhierarchie in einer Patchworkfamilie

Sehr geehrter Herr Prof. Bonelli,

mich interessiert sehr Ihre geschätzte Meinung zu diesem Thema in Patchworkfamilien. Wie verhält sich diese Ordnung, wenn das Paar keine gemeinsamen Kinder hat?

Hintergrund meiner Frage ist meine momentane persönliche Situation, die ich Ihnen gern anonymisiert im Folgenden schildere:

Ich bin eine 50jährige Mutter zweier Kinder, die bereits „aus dem Haus“ sind. Ihr Vater und ich sind seit vielen Jahren geschieden, wir pflegen aber einen respektvollen und freundschaftlichen Umgang miteinander und sind uns stets unserer Aufgabe gemeinsam gute Eltern zu sein bewusst gewesen.

Ich bin seit eineinhalb Jahren in einer Beziehung zu einem 8 Jahre jüngeren Mann, der sich in einer Scheidungssituation befindet. Als ich ihn kennenlernte war die Trennung bereits vollzogen und die Scheidung von beiden Parteien eingereicht. Die Fronten sind verhärtet und es tobt ein Krieg um die Kinder (zwei Töchter, 3 und 8 Jahre).

Die Mutter möchte das alleinige Sorgerecht und am liebsten den Vater komplett aus dem Leben schneiden, der Vater möchte möglichst umfassend an der Erziehung der Mädchen teilnehmen und kämpft seinerseits um seine Rechte als Vater.
Das Gericht hat vorerst ein 50%-Wechselmodell verfügt, um zu prüfen, wie es funktioniert. Die Kinder sind eine Woche bei der Mutter, die nächste beim Vater und so fort. Aus meiner Beobachtung versucht die Mutter alles, damit dieses Modell scheitert, um die Mädchen ganz für sich zu bekommen.

Der Vater hat Angst, dass er seine Kinder verliert und über diese Angst ist so etwas wie Erziehung ziemlich schwer. Ich gewinne mehr und mehr den Eindruck, dass der Vater an jeder Stelle versucht es den Mädchen recht zu machen, weil sie bereits so viel unter der gesamten Trennungssituation gelitten haben und noch immer leiden.

So dürfen sie u.a. selbstverständlich in seinem Bett schlafen und spielen im gesamten Haus, nur nicht in ihrem eigenen Zimmer. Die Privatsphäre des Vaters wird nicht geachtet und von diesem auch nicht konsequent eingefordert, vermutlich aus einem schlechten Gewissen heraus und aus der oben beschriebenen Angst, sich nicht gut genug um die Töchter zu kümmern.

Ich führe inzwischen auch eine Beziehung im Wechselmodell. Sind die Kinder bei der Mutter, bin ich bei ihm. Sind die Kinder bei ihm, bin ich in meinem eigenen Zuhause. Gemeinsame Treffen finden nur noch selten statt, dass ich im Haus übernachte seit drei Monaten gar nicht mehr.

Dies wurde auf Anraten des Anwalts und einer eingeschalteten Psychologin so verfügt, um durch meine Anwesenheit die Kinder nicht noch mehr zu verstören und der gegnerischen Seite keine Angriffsfläche zu bieten, die dem Vater zum Nachteil gereichen könnte. Die Angst die Kinder zu verlieren, regiert das Handeln.

Nun ist dies eine Spezialsituation, die in der ganz heißen Phase brennt.

Dennoch frage ich mich grundsätzlich, wie ist dieses Dilemma zu lösen?

Kann ein Vater oder eine Mutter die neue Beziehung über die Kinder der vergangenen Beziehung stellen? In welcher Form ist dies möglich, ohne dass die Kinder darunter leiden oder sogar langfristig Schaden nehmen?

Werden die Kinder jedoch grundsätzlich priorisiert und über die neue Beziehung gestellt, schadet es natürlich auch den Kindern und macht aus meiner Sicht eine Mann-Frau-Beziehung unmöglich.

Haben Sie eine Antwort auf diese Frage?

Mit herzlichen Grüßen,
Clara

Die Auflösung dieses FALLES
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