Die Psychotherapie schadet meiner Partnerschaft

Denise, 34a, merkt seit ihrer Psychotherapieausbildung vermehrt, dass sie Dinge an ihrem Mann, den sie sehr liebt, auszusetzen hat. Die Beziehung leidet darunter, sie entfernen sich zunehmend voneinander und sie fragt sich, was sie tun soll.

Betreff: Beziehungsprobleme durch Psychotherapieausbildung

Sehr geehrter Herr Dr. Bonelli,

ich bin weiblich, 35 Jahre alt, berufstätig, seit 5 Jahren in einer Partnerschaft lebend und befinde mich derzeit im Propädeutikum, also der ersten Stufe der Psychotherapie-Ausbildung, die schon seit langem mein Lebenstraum ist. Nebenbei mache ich selbst eine Psychotherapie, die mir auch sehr hilft. Ich lerne klar, meine Grenzen zu spüren und zu kommunizieren und Selbstfürsorge, die ich früher stark für andere, aber zu wenig für mich hatte. Alles Dinge, die wunderbar sind.

Allerdings merke ich, dass es dadurch vermehrt zu Konflikten in der Partnerschaft führt. Ich reagiere sehr sensibel und wütend auf z.B. „unangebrachte“ Witze, sonstige kleine Grenzübertritte von Seiten meines Partners (wie z.B. nicht Eingehen auf meine Bitte etc.).

Mein Partner hat das Gefühl, dass er schon gar nichts mehr sagen kann, ohne dass ich es in den falschen Hals kriege und ich entdecke immer mehr Dinge in seinem Verhalten, die mich stören und die ich so nicht mehr hinnehme wie früher. Wir entfernen uns immer mehr voneinander.

Diese Entwicklung macht mir sehr zu schaffen, da mir viel an der Partnerschaft liegt und wir immer eine sehr schöne, liebevolle und herzliche Basis hatten, wo viel Humor, eine tiefe Freundschaft und auch eine starke Anziehung immer da waren.

Wir haben Höhen und Tiefen zusammen überstanden und haben viele gemeinsame Pläne, unter anderem wollten wir bald heiraten, eine Familie gründen und eine gemeinsame Firma aufbauen.
Nun merke ich, dass wir uns immer mehr in unterschiedliche Richtungen entwickeln, wobei die Veränderung großteils an mir liegt.

Ich höre in meinem Umfeld immer wieder, dass sich Paare im Laufe einer Therapie bzw. Psychotherapie-Ausbildung trennen, das sei normal. Der eine entwickelt sich weiter, der andere zieht nicht mit, die Ebenen passen dann oft nicht mehr. Und wenn eine Partnerschaft der persönlichen Weiterentwicklung im Wege steht, dann sollte man sich trennen. So die Ratschläge.

Mit solchen Sichtweisen kann ich allerdings nicht viel anfangen. Ich bin gläubig (gehöre einer Evangelikalen Freikirche an) und möchte eine lebenslange Partnerschaft leben, wo ein gemeinsames Wachstum möglich ist.

Daher die Frage, was ich bzw. was wir konkret tun können, damit dies möglich ist.

Wie schafft man es trotz allem, immer wieder zueinander zu finden?

Vielen Dank!
Mit herzlichen Grüßen
Denise

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