Tinder, One-Night-Stands & Co: Wenn die Lust ins Unglück führt
Betreff: Weibliche Sexsucht und Prostitution
Sehr geehrter Herr Dr. Bonelli,
Ich, Frau D., bin schon 16 Jahre in Psychotherapie, doch so richtig konnte ich mit meinen Therapeutinnen nicht über das Problem reden. Ich konnte es ansprechen, aber niemand konnte mir wirklich was dazu sagen.
Ich mag meine aktuelle Psychotherapeutin, sie ist sehr nett und interessiert sich für meine künstlerische Ader. Aber mit der Kernthematik kann sie mir nicht helfen bzw. arbeiten wir nicht daran.
Einfach weil sie, so glaube ich, denkt, dass das ein Phänomen unserer Zeit ist und ich nichts dagegen tun kann. Da die Umstände einfach so sind.
Innerlich leide ich sehr und eine große Traurigkeit begleitet mich seit vielen Jahren. Vielleicht gehöre ich zu den Millenials. Mehr oder weniger.
Kurz zu mir: Ich bin weiblich, 36, geschieden, kinderlos und Single. Habe einige 4-jährige Beziehungen hinter mir und 1 Ehe (er war mein Traummann), bei allen wurde ich gegen eine bessere Frau ausgetauscht/ersetzt.
Außerdem wurde ich in den Beziehungen sehr oft entwertet und beschimpft. Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe. Aber das ist Vergangenheit, auch wenn ich diese Dramen nicht verstehe.
Habe mich mit Paartherapeut NN befasst und kam mit Begriffen wie
- narzisstischer Missbrauch,
- toxische Beziehungen,
- toxischer Liebeskummer,
- Liebessucht und
- Selbstliebe
in Berührung und konnte mich teilweise sehr gut damit identifizieren.
Ich bin durchschnittlich attraktiv, also gar nicht unattraktiv, nicht perfekt, aber okay und unkonventionell.
Das Single-Sein fällt mir schwer, aber es geht mir besser so als wie in meinen vergangenen Beziehungen. Aber egal, ob Single oder unglückliche Ehe/Beziehung, ich sehne mich sehr danach meine Erotik und Sinnlichkeit zu leben.
Ich halte nicht viel von Dating-Plattformen, aber meine Sehnsucht ist groß und daher date ich Männer über Tinder & Co für einen Abend, einfach nur um nicht ganz vom Datingmarkt weg zu sein.
Ein Liebesleben ist seit vielen Jahren nicht mehr bei mir vorhanden. Einfach null.
Innerlich sehne ich mich jedoch sehr danach, meine Sexualität zu leben, doch finde ich den Mann nicht dazu.
Eines Tages beschloss ich, mich zu prostituieren und stellte fest, dass ich sogar bezahlt werden kann und Respekt bekomme, nicht beschimpft werde, Dankbarkeit erfahre usw. nichts von mir verlangt wird, was ich nicht will und vorher abgesprochen habe. Dass die Freier mich wollen, nicht brauchen wie die Männer in meinem privaten Umfeld.
Ich hörte dann wieder damit auf, weil mir die Ehefrauen leidgetan haben. Ich war selbst eine und weiß wie schrecklich es ist, nicht mehr begehrt bzw. betrogen zu werden.
Außerdem war es gefährlich und ich machte es für die Männer, ich fühlte ja nichts dabei. Spielte das nur vor. Dafür bekam ich Wertschätzung in Form von Geld.
Jetzt arbeite ich regelmäßig als Aktmodel.
Ich denke fast jeden Tag an das Wort mit 3 Buchstaben.
Männer in meinem Umfeld törnt es anscheinend ab, wenn sie merken, dass ich auf sie stehe und am liebsten gleich mit Ihnen, Sie wissen schon was, würde. Sie blockieren mich, weisen mich zurück und lachen mich im schlimmsten Falle aus.
Das verletzt mich sehr und ich schlafe nächtelang nicht ein, bin total aufgewühlt, total erregt, weil es sich auf einer seelischen Ebene wie ein Unfall anfühlt.
Fühle mich, als hätte ich sexuelle Inkontinenz. Den Trieb nicht mehr unter Kontrolle, weil er angetriggert wurde.
Vor kurzem habe ich mich in der Arbeit in einen verheirateten Mann verliebt. Er war sehr aufmerksam. Ich konnte mich kaum auf die Arbeit konzentrieren, weil ich nur an das Eine denken musste.
Er wollte sich privat treffen. Aber ich habe ihn nicht getroffen, denn ich spürte wie gerne ich sofort mit ihm geschlafen hätte, dachte aber an seine Frau und seine Kinder und an mich, die letztendlich übrig bleiben würde…
Arbeite nicht mehr dort…
Frau D.