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Ist mein Vater schizophren?

Susanne, 22a, stellt sich die Frage, ob ihr Vater schizophren ist. Sie erläutert ihre Vermutung anhand mehrerer Beispiele, die sie mit den Kriterien der Schizophrenie vergleicht, und bittet den Psychiater um seine professionelle Einschätzung.

Betreff: Ist mein Vater schizophren?

Sehr geehrter Herr Dr. Bonelli,

Mein Vater, nennen wir einfach mal Andreas, ist 49 Jahre alt, verheiratet, hat zwei Töchter (22 und 25) und ist selbständiger Schreiner. Ich habe eine deutliche Erinnerung an den ersten paranoiden Vorfall mit ihm vor vielen Jahren.

Ein Lehrer hatte uns in der Grundschule damals erklärt was schizophren sein bedeutet, weil er ein T-Shirt trug auf dem das Wort stand. Der Lehrer erklärte uns kindgerecht, es bedeute, dass jemand das eine und dann wieder das Gegenteil sagt.

Nach der Schule war ich mit meinem Vater in der Küche, er meinte er wolle sich noch einen Kaffee machen und entschied sich sogleich wieder um. Darauf hin sagte ich ganz naiv. „Du bist schizophren“.

Er sah mich mit einem eigenartigen Blick an, den ich bis dato noch nicht kannte und schrie wer das über ihn gesagt hat. Er wollte von mir wissen ob meine Oma (seine Schwiegermutter) oder meine Mutter ihn für krank halten. Ich war so erschrocken, dass ich nichts sagen konnte.

Nachdem meine Mutter dann von der Arbeit kam, ging er auch sie verbal an, er lasse sich nicht als krank darstellen von ihr.
In meiner Kindheit waren meine Mutter, seine Schwiegermutter und ich seine Feindbilder Nummer 1.

Als ich mit 18 von Zuhause wegzog, wurde das Verhältnis zwischen uns besser und nahezu entspannt. Als meine Mutter ,nennen wir sie Anna, vor ca. 3 Jahren die Scheidung wollte, weil sie seine Anfeindungen nicht mehr ertrug, änderte sich etwas ganz gewaltig. Er kämpfte um meine Mutter und überhäufte sie mit „Liebe“ wie er es die Jahre zuvor nie getan hatte. Ich schreibe das Wort Liebe in Anführungszeichen, weil es aus meiner subjektiven Wahrnehmung heraus vielleicht gar keine ist, sondern nur die andere Extreme, da es bei Andreas nur schwarz oder weiß gibt.

Beispiel hierfür ist: Er erhebt eine beruflich kürzlich kennen gelernte ältere Dame in den Rang eines Gottes, weil sie ihm ihre rührende Lebensgeschichte erzählt und schwärmt noch lange Zeit von dieser wunderbaren und starken Frau und selbst als sie anfängt, ihn für handwerkliche Tätigkeiten auszunutzen, sieht er das lang Zeit nicht ein.

Das Gegenbeispiel ist die Frau seines Bruders, für alle Missstände in deren Familie und für alle charakterlichen Defizite seines Bruders ist sie verantwortlich. Er (der Bruder) trinkt, sie hat ihn dazu getrieben.

Zurück zu der Trennung von Anna.
Sie verlässt ihn dann doch nicht und lässt sich nicht scheiden. Seitdem hat er neue Feindbilder. Es sind jetzt Kollegen mit denen er vor vielen Jahren einmal zusammengearbeitet hat. Diese haben ihn damals wohl verbal gemobbt. Auf einmal besinnt er sich nur noch auf diese Kollegen, egal was schlechtes um ihn herum passiert. Eine andere Handwerksbetrieb in der Stadt in der Andreas wohnt fällt einem Brand zum Opfer, seiner Meinung nach waren das die beiden Ex Kollegen, weil Andreas ab und an geschäftlich mit diesem Handwerksbetrieb zu tun hat. Ein ganz anderer entfernt bekannter Handwerker, der die Leitungen in der Werkstatt meines Vaters verlegt hat, nimmt sich das Leben. Dies waren seiner Meinung nach auch diese ehemaligen Kollegen.

Anna ist in einer online Gruppe, in der Frauen aus ganz Deutschland interessante Bücher und Filme teilen, einige aus dieser Gruppe haben einen Film vorgeschlagen in dem es wohl um einen psychisch kranken Mann geht. Anna wollte diesen Film mit Andreas zusammen ansehen, als ihm klar wurde um was es in dem Film geht wollte er wissen, wer in dieser Gruppe Mitglied ist. Seiner Meinung nach muss es die Frau von einem der Ex Kollegen sein und diese Filmempfehlung ist auf Andreas bezogen und soll ihn kränken.

Das sind nur einige Beispiele. Der Grund wieso ich jetzt ihre Zeit beanspruche ist, dass er vor kurzem meine Mutter, also Anna in diese angebliche Intrige gegen ihn mit rein interpretiert hat. Sie hatte sich vor c.a. einem halben Jahr für einen Mitarbeiter ausgesprochen welchen Andreas entlassen wollte, weil dieser betrunken zur Arbeit kam. Anna gab Andreas den Ratschlag, diesem Mitarbeiter doch noch eine Chance zu geben. Vor einigen Tagen wolltet er von Anna wissen, woher sie seine Ex Arbeitskollegen kennt, da er sich mittlerweile sicher sei, dass der fast gekündigte Mitarbeiter mit denen unter einer Decke steckt und da meine Mutter sich gegen seine Entlassung ausgesprochen hat, muss sie auch „eine von ihnen“ sein.
Mir macht das wirklich große Angst, auch weil weder ich noch meine Mutter sich traut ihn auf psychologische Hilfe anzusprechen, da dies sein Weltbild, alle seien gegen ihn und wollen ihn als krank darstellen, befeuern könnte.

  1. Übertriebene Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung;
  2. Neigung, dauerhaft Groll zu hegen, das heißt subjektiv erlebte Beleidigungen, Verletzungen oder Missachtungen werden nicht vergeben;
  3. Misstrauen und eine anhaltende Tendenz, Erlebtes zu verdrehen, indem neutrale oder freundliche Handlungen anderer als feindlich oder verächtlich missdeutet werden;
  4. Streitbarkeit und beharrliches, situationsunangemessenes Bestehen auf eigenen Rechten;
  5. häufiges ungerechtfertigtes Misstrauen hinsichtlich der sexuellen Treue des Ehe- oder Sexualpartners;
  6. ständige Selbstbezogenheit, besonders in Verbindung mit starker Überheblichkeit;
  7. häufige Beschäftigung mit unbegründeten Gedanken an Verschwörungen als Erklärungen für Ereignisse in der näheren oder weiteren Umgebung.

Mit freundlichen Grüßen,
Susanne Z.

Die Auflösung dieses Falls
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